Wohlstand: Wohlstandsmessung

Wohlstand: Wohlstandsmessung
Wohlstand: Wohlstandsmessung
 
Wie gut geht es uns? Leben wir besser als die Bürger unserer Nachbarländer? Was heißt besser? Hat eine bestimmte staatliche Maßnahme den Wohlstand der Bevölkerung tatsächlich optimiert? Das sind Fragen, mit denen sich die Wohlstandsmessung auseinandersetzen muss. Das Hauptproblem ist die Messbarkeit der Lebensqualität. Zu diesem Zweck versucht eine Reihe von Institutionen weltweit, eine Sozialberichterstattung zu organisieren, in der soziale Indikatoren zusammengetragen, veröffentlicht und beurteilt werden.
 
 Was ist Wohlstand?
 
Bereits bei der Definition des Begriffs »Wohlstand« gehen die Meinungen weit auseinander. Materieller bzw. wirtschaftlicher Wohlstand ist der Versorgungsgrad einer Person oder eines Haushalts, einer Gruppe oder einer Gesellschaft mit wirtschaftlichen Gütern und Dienstleistungen einschließlich der öffentlichen Güter und der Haushaltsproduktion. In dieser Definition ist Wohlstand gleichbedeutend mit dem Begriff Lebensstandard. In einem weiteren Verständnis umfasst Wohlstand auch Eigenschaften wie subjektives Wohlbefinden, allgemeine Lebensbedingungen oder subjektive Zufriedenheit und wird mit den Begriffen Wohlfahrt und Lebensqualität gleichgesetzt. Lebensqualität ist im Unterschied zum Lebensstandard allerdings erheblich schwerer zu erfassen und zu messen.
 
 Der Index für menschliche Entwicklung
 
Die in den USA zu Beginn der 60er-Jahre in Gang gekommene Diskussion über soziale Indikatoren basierte auf der Erkenntnis, dass das Bruttosozialprodukt (BSP) aus einer Reihe von Gründen kein zuverlässiger Wohlstandsindikator sein kann. Positive Wachstumsraten des Sozialprodukts bedeuten eben nicht immer, dass auch die Wohlfahrt eines Landes gesteigert wurde. Insbesondere erfasst das BSP keine nicht ökonomischen Gesellschaftsbereiche und selbst die materiellen Aspekte von Wohlstand werden nur annähernd erfasst. Aus diesen Gründen wurde eine Vielzahl von Systemen sozioökonomischer Indikatoren entwickelt, die auch Bereiche wie Gesundheit, Bildung, soziale Sicherung, Umweltqualität und Freizeit erfassen. Der vom Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) konzipierte Human Development Index (HDI) ist ein Beispiel für ein solches System. Der seit 1990 jährlich berechnete Index der menschlichen Entwicklung geht von den drei wesentlichen Determinanten des menschlichen Handlungsspielraumes aus: Gesundheit, Bildung und Einkommen. Diese Determinanten werden anhand der Indikatoren mittlere Lebenserwartung, Alphabetisierungsrate und Schulbesuchsdauer sowie reales Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf gemessen und verdichtet. Auch das Statistische Bundesamt berichtet in einem Satellitensystem der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (VGR) über die Gebiete Umweltschutz, Haushaltsproduktion und Gesundheit.
 
 Moderne Ansätze zur Wohlstandsmessung
 
Es gibt zwei Hauptrichtungen: Zum einen wird versucht, die volkswirtschaftliche Gesamtrechnung zu einer sozialen Gesamtrechnung auszubauen. Neben der Beseitigung von Doppelzählungen und statistischen Erhebungsfehlern sollen insbesondere die in der Sozialproduktberechnung bisher fehlenden Größen berücksichtigt werden, wie z. B. Zusatzkosten bei Umweltschäden. Ein anderer Versuch besteht in der beschriebenen Ergänzung der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung durch ein System sozialer Indikatoren, die für den Wohlstand wichtige Lebensbedingungen erfassen.
 
 Vorschläge der OECD
 
Sozioökonomische Indikatoren sind letztendlich Messgrößen, die geeignet sind, sozioökonomische Tatbestände sinnvoll abzubilden. Sie sollen eine schnelle, umfassende und ausgewogene Beurteilung zentraler gesellschaftlicher Lebensbedingungen und des sozialen Wandels erlauben. Bei der Erstellung von Systemen sozioökonomischer Indikatoren treten vor allem zwei Probleme auf. Zum einen ist die Suche nach den richtigen Indikatoren schwierig, denn sie sollen tatsächlich etwas über den Wohlstand aussagen. So misst etwa die Zahl der Ärzte pro 1000 Einwohner eher die Kosten des Wohlstands als die Gesundheit der Bevölkerung. Zum anderen bereitet die Suche nach einer geeigneten Gewichtung der einzelnen Indikatoren zu einem Index Probleme. Von den bislang vorgelegten Entwürfen gilt das Konzept der OECD (List of Social Concerns, 1973, und The OECD List of Social Indicators, 1982) zur Bestimmung der Wohlfahrt von Individuen als das umfassendste. Darin werden acht für die individuelle Wohlfahrt als bedeutungsvoll angesehene Hauptzielbereiche festgelegt, auf die sich die Indikatoren beziehen sollen: Ausbildung, Gesundheit, Arbeit und Qualität des Arbeitslebens, Freizeit, Kaufkraft, physische Umwelt, Sicherheit, soziale Beteiligungschancen. Diese Hauptbereiche werden untergliedert in Unterbereiche, diese Unterbereiche wiederum in Teilgebiete usw., bis schließlich messbare Größen wie etwa der Alphabetisierungsgrad vorliegen.

Universal-Lexikon. 2012.

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